Ich habe das große Glück, regelmäßig im Spirituellen Zentrum Sankt Martin in München meditieren zu dürfen und dabei das Herzensgebet zu praktizieren, welches ich nicht selten auch selbst anleiten kann. Diese wertvollen Erfahrungen vertiefe ich oft in kontemplativen Retreats in Klöstern. Das Herzensgebet ist dabei ein zentrales Element. Es hat sich für mich als kraftvolles Werkzeug erwiesen, um innere Ruhe, Klarheit und Orientierung zu finden.
Das Herzensgebet: Ein Weg zu innerer Ruhe
Das Herzensgebet ist für mich wie eine stille Einladung, mit meinem innersten Kern in Kontakt zu treten. Es ist eine einfache Praxis, die ich immer wieder erlebe, als würde ich mit meinem Herzen sprechen. Dabei wiederhole ich ein Gebetswort oder einen kurzen Satz, der mir wichtig ist – oft etwas wie „Liebe“, „Frieden“ oder „Danke“.
Die Praxis beginnt ganz einfach:
- Ich setze mich ruhig hin, schließe die Augen und atme langsam ein und aus.
- Mein Gebetswort wiederhole ich innerlich, im Rhythmus meines Atems.
Das Herzensgebet hilft mir, mich zu zentrieren und einen Ort der Stille in mir selbst zu finden – unabhängig von der Hektik um mich herum.
Die Bedeutung von Körperhaltung und Atmung
Eine bewusste Körperhaltung und Atmung sind essenziell, um das Herzensgebet zu vertiefen. Stell dir vor, du bist ein Baum: Dein Rücken ist wie ein stabiler Stamm, deine Füße fest im Boden wie die Wurzeln, und dein Kopf streckt sich wie eine Krone in den Himmel. Diese Haltung gibt mir das Gefühl, geerdet zu sein und gleichzeitig offen für neue Erfahrungen.
Auch die Atmung spielt eine große Rolle. Sie wird für mich zu einem natürlichen Anker:
- Ich atme langsam ein, als würde ich an einer Blume riechen.
- Ich atme vorsichtig aus, als würde ich eine Kerze ausblasen – ohne dass die Flamme verlöscht.
Diese bewusste Verbindung von Haltung und Atem schenkt mir Stabilität und Gelassenheit – ein Zustand, der die Grundlage für das Herzensgebet bildet.
Das Gebetswort als Anker
Das Gebetswort ist der Schlüssel im Herzensgebet. Für mich ist es wie ein Freund, der mich durch die Stille begleitet. Stell dir vor, das Gebetswort ist ein Boot, das ruhig auf einem See schwimmt. Mit jedem Atemzug denke ich an mein Gebetswort – beim Einatmen der erste Teil, beim Ausatmen der zweite.
Natürlich kommen manchmal Gedanken auf, die mich ablenken. Das ist völlig normal. Diese Gedanken betrachte ich wie Schmetterlinge, die vorbeifliegen. Ich lasse sie ziehen und kehre liebevoll zu meinem Gebetswort zurück.
Mit Ablenkungen umgehen
Gerade in der Hektik des Alltags oder bei intensiven Retreats erlebe ich, wie Gedanken immer wieder auftauchen. Vielleicht planst du, was du später erledigen musst, oder wirst an etwas erinnert, das dich beschäftigt. Für mich ist das kein Grund, frustriert zu sein. Vielmehr sehe ich Ablenkungen als Teil des Prozesses.
Das Herzensgebet lehrt mich Geduld:
- Ich lasse die Gedanken wie Wolken weiterziehen.
- Ich kehre zu meinem Gebetswort zurück und erinnere mich daran, dass es nicht um Perfektion geht, sondern um Präsenz.
Vertiefung der Praxis
Das Herzensgebet wird mit der Zeit immer intensiver. Es ist, als würde ich einen Samen pflanzen und zusehen, wie er wächst. In meinen Retreats nehme ich mir bewusst Zeit, die Stille auszudehnen:
- Statt 5 oder 10 Minuten sitze ich oft 20 oder 30 Minuten im Gebet.
- Das Gebetswort wird für mich zu einem warmen Licht, das mich ruhig und geborgen fühlen lässt.
Mit der Zeit spüre ich, wie mein Inneres ruhiger wird. Das Herzensgebet wird zu einem Ort der Geborgenheit, den ich immer in mir tragen kann.
Integration in den Alltag
Was ich besonders an der Praxis des Herzensgebets schätze, ist, dass sie sich so leicht in den Alltag integrieren lässt. Ob ich auf den Bus warte, Zähne putze oder durch die Straßen Münchens gehe – ich kann mein Gebetswort jederzeit innerlich wiederholen. Es ist wie ein unsichtbarer Freund, der mich begleitet und mir in hektischen Momenten Ruhe schenkt.
Die spirituelle Dimension erweitern
Für mich öffnet das Herzensgebet den Blick für größere Zusammenhänge. Es schenkt mir mehr Dankbarkeit und Achtsamkeit – für kleine Momente, die ich oft übersehen würde. Gleichzeitig merke ich, wie es meinen Umgang mit anderen Menschen verändert. Ich bin geduldiger, liebevoller und offener.
Das Jesusgebet: Eine kontemplative Tradition
Während das Herzensgebet flexibel ist, folgt das Jesusgebet einer festen Struktur. Franz Jalics hat es für die moderne Praxis zugänglich gemacht, ohne seine mystischen Wurzeln zu verlieren. Das Gebetswort ist hier immer „Jesus Christus“, das im Atemrhythmus wiederholt wird:
- „Je-sus“ beim Einatmen.
- „Chris-tus“ beim Ausatmen.
Auch beim Jesusgebet spielen Haltung und Atmung eine zentrale Rolle. Die Praxis des Jesusgebets ist tiefer mit der orthodoxen Tradition verbunden, wodurch sie für mich wie ein Tor zu einer reichen spirituellen Geschichte wirkt.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Gebetsformen faszinieren mich immer wieder. Beide laden zur inneren Sammlung ein, doch sie setzen unterschiedliche Schwerpunkte:
Schlüsselkriterium | Herzensgebet | Jesusgebet |
---|---|---|
Gebetswort | Individuell, z. B. „Liebe“ oder „Frieden“. | Fester Name: „Jesus Christus“. |
Integration in den Alltag | Flexibel, auch in kurzen Momenten anwendbar. | Kontemplative Praxis in festen Zeiten. |
Ziel | Innere Ruhe, Frieden, Verbindung mit dem Selbst. | Tiefe Präsenz durch den Namen Jesu. |
Geistliche Begleitung und die dunkle Nacht der Seele
In meiner Rolle als Begleiter und als Teilnehmer habe ich immer wieder erlebt, wie wertvoll geistliche Begleitung sein kann – gerade in herausfordernden Phasen, die oft als „dunkle Nacht der Seele“ beschrieben werden. Diese Momente, in denen alles schwer und unklar erscheint, empfinde ich nicht als Stillstand, sondern als einen Übergang. Es sind Zeiten, in denen etwas in Bewegung kommt, auch wenn es sich zunächst nicht so anfühlt.
Für mich liegt meine Aufgabe darin, einen geschützten Raum zu schaffen, in dem meine Klienten ihre Unsicherheiten, Zweifel und Gefühle ausdrücken können, ohne Druck, eine Lösung finden zu müssen. Ich sehe die Dunkelheit als einen Teil des Wachstumsprozesses, der viel Geduld und Mitgefühl erfordert. Gemeinsam arbeiten wir daran, diese Phase nicht als Hindernis, sondern als Einladung zu verstehen, innezuhalten und neue Perspektiven zu entdecken.
Ich begleite meine Klienten dabei, in der Dunkelheit zu ruhen, sich mit ihr vertraut zu machen und darauf zu vertrauen, dass sie der Beginn von etwas Neuem ist. Es ist immer wieder berührend, Zeuge zu sein, wie sich in diesen schwierigen Zeiten Klarheit, innere Stärke und frische Energie entwickeln können. Diese Veränderung geschieht oft leise, aber mit einer tiefen, nachhaltigen Wirkung.
Schritt | Beschreibung | Beispiel/Methode |
---|---|---|
1. Raum schaffen für die Dunkelheit | Einen geschützten, urteilsfreien Raum anbieten, um Gefühle und Gedanken frei auszudrücken. | Einfühlsame Fragen wie: „Wie fühlt sich diese Phase an?“ oder „Was beschäftigt Sie besonders?“ |
2. Achtsamkeit für das, was da ist | Den Moment akzeptieren, ohne gegen unangenehme Gefühle oder Gedanken anzukämpfen. | Meditative Übungen: Fokussieren auf Gedanken, Emotionen und körperliche Empfindungen. |
3. Vertrauen in den Prozess stärken | Den Klienten ermutigen, die Dunkelheit als Übergangsphase zu verstehen, die Wachstum ermöglicht. | Bilder wie: „Ein Samenkorn wächst im Dunkeln“ oder „Am Ende des Tunnels ist Licht“. |
4. Werkzeuge und Anker anbieten | Praktische Methoden, die in der Dunkelheit Halt geben. | Atemübungen, ein persönliches Gebetswort, Tagebuchreflexionen. |
5. Neue Perspektiven finden | Erkennen, welche Lichtblicke und Ressourcen im Alltag bereits vorhanden sind. | Fragen wie: „Welche Momente bringen Frieden?“ oder „Welche Menschen oder Aktivitäten schenken Trost?“ |
6. Geduld und Mitgefühl kultivieren | Die Klienten ermutigen, sich selbst Zeit und Verständnis zu geben, um durch die Phase zu wachsen. | Reflexion: Welche Stärken wachsen aus dieser Phase? Übungen zu Selbstmitgefühl. |
Erklärung der Tabelle: Die Tabelle beschreibt meinen Coaching-Ansatz in sechs klaren Schritten, die Klienten helfen, durch die „dunkle Nacht der Seele“ zu navigieren. Zunächst geht es darum, einen geschützten Raum zu schaffen, in dem alle Gedanken und Gefühle Platz haben dürfen – ohne Druck oder Bewertung. Achtsamkeit für den Moment ist dabei entscheidend, um sich mit der Dunkelheit vertraut zu machen, statt sie abzulehnen.
Ich arbeite mit Bildern und Metaphern, um Vertrauen in den Prozess zu stärken: Die Dunkelheit ist nicht das Ende, sondern oft ein Übergang zu etwas Neuem. Praktische Werkzeuge wie Atemübungen oder das Finden eines Gebetswortes bieten den Klienten Halt, während sie ihre innere Balance wiederfinden. Gemeinsam suchen wir nach Lichtblicken und Ressourcen, die bereits im Alltag vorhanden sind. Abschließend ermutige ich dazu, Geduld mit sich selbst zu haben und Mitgefühl zu entwickeln – eine wesentliche Grundlage für Wachstum. Dieser Ansatz ermöglicht es, auch in schwierigen Phasen Klarheit und innere Stärke zu entdecken.
Zusammenfassung: Zwei Wege, ein Ziel
Das Herzensgebet und das Jesusgebet sind für mich wertvolle Wege, um innere Ruhe und Klarheit zu finden. Ob ich in einem Retreat die Stille vertiefe oder im Alltag ein Gebetswort wiederhole – beide Praktiken schenken mir Momente der Verbundenheit und Gelassenheit. Ich lade euch ein, diese Gebetsformen selbst auszuprobieren und eure eigenen Erfahrungen zu machen. Denn Stille und Einfachheit können erstaunlich viel bewegen.